Pubertät I
„Ich schaffe das nicht!“, „Das ist mir zu viel!“, „Ich bin nicht gut genug!“ oder, „Die anderen nerven, sind schuld, blöd, gemein!“, „Mich mag keiner!“
Jugendliche haben es in der Pubertät nicht leicht. Es ist eine Zeit großer Veränderung, vieler neuer Herausforderungen und damit einhergehender Verunsicherung. Aber gerade diese Gefühle glauben Jugendliche nicht zeigen zu dürfen und überspielen sie nach Außen.
Im Gehirn öffnen sich Netzwerkstrukturen wieder und sind quasi offen für neue Erfahrungen. Erfahrungen aus denen der junge Mensch Schlussfolgerungen zieht - Meinungen, Urteile, Überzeugungen über sich und die Welt, die dann die Grundlage dafür bilden, wie er später mit den verschiedenen Situationen im Erwachsenenleben umgeht.
Pubertät ist für die Entwicklung, aber auch für die Evolution des Menschen eine prägende und bedeutungsvolle Phase, schließlich geht es für den Jugendlichen um nichts weniger als um seine zukünftige Existenz, sein gutes und sicheres Überleben da draußen in der „neuen noch unbekannten“ (Erwachsenen-)Welt, um seinen überlebenssichernden Platz und seinen Beitrag in der Gesellschaft und damit auch um die Erhaltung und Entwicklung der Gattung Mensch.
Verständlich, dass in dieser Entwicklungsetappe die natürlichen Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und Anerkennung sowie nach Selbstwirksamkeit und Autonomie – also das Sozial- und das Individualbedürfnis besonders stark ausgeprägt sind.
Die Jugendlichen sind in dieser Zeit meist sehr sensibel, ichbezogen, spüren ihre Gefühle intensiver, fühlen sich oft ohnmächtig und unsicher und haben teilweise Schwierigkeiten, mögliche Konsequenzen abzuschätzen, – eben auch, weil durch den Umbau im Gehirn ihre natürliche Stresstoleranz oder Frustrationsgrenze erheblich sinkt. Das bedeutet, dass sie viel schneller von ihren Gefühlen übermannt und in emotionale Not geraten können**. Und, was oft mit kleinen Ereignissen, wie die dumme Bemerkung eines Mitschülers, eine falsche Antwort im Unterricht beginnt, wächst sich schnell zu einem „blöden Gefühl“ und negativen Gedanken z.B. in Mathe, Französisch oder anderen alltäglichen oder zwischenmenschlichen Situationen aus. Diese emotionalen und gedanklichen Blockaden führen zu inneren Kämpfen und äußeren Konflikten und kosten die Jugendlichen eine Menge Aufmerksamkeit und Energie, die dann an anderer Stelle fehlen. Dann fällt Konzentration und Motivation z.B. für die Schule plötzlich schwer, Frust kommt auf und der Druck wird immer größer.
Aus dieser Perspektive ist es gut nachzuvollziehen, warum Jugendliche vieles so wahnsinnig ernst und vielleicht auch persönlich nehmen; warum sie den Hang haben sich ständig mit anderen zu vergleichen und Rollen zu spielen, statt sich zu trauen, authentisch und echt zu sein; warum sie sich ausprobieren und dabei manchmal über die Stränge schlagen, blödsinnige, irre oder gefährliche Sachen machen; warum sie so schnell rebellieren und kämpfen und im nächsten Moment am liebsten unsichtbar im Boden versinken würden; warum sie scheinbar lieber nach Gründen und „Schuldigen“ suchen, als nach dem „Wie-kann-es-gehen“. - Für sie geht es - gefühlsmäßig und zum Großteil unbewusst gesteuert - um mehr als ihren „guten Ruf“, für sie geht es ums Überleben und um ihren Platz, ihren Beitrag, ihre Existenz in ihrer künftigen Welt, der Gesellschaft.
Alles in allem ist die Pubertät eine aufregende, aber auch sensible Zeit, wo die Gefühle verrückt spielen, vieles nervt und die Unsicherheit unterschwellig ständiger Begleiter ist, und Familie immer noch ganz wichtig ist, weil sie Sicherheit und Rückhalt, aber eben auch einen sicheren Rahmen zum Ausprobieren und zum Abschauen bietet.
Und wenn es manchmal auch so scheinen mag, dass unser Einfluss als Eltern in dieser Phase an seine Grenzen stößt bzw. eher unerwünscht ist, Erziehung nicht mehr funktioniert und die Kommunikation von Zeit zu Zeit spannungsgeladen ist, können Sie als Eltern immer noch ganz viel und wichtige Unterstützung geben. Gerade, was den Umgang mit den aufbrausenden Gefühlen angeht.
Ich weiß so mancher Gefühlsausbruch des eigenen Kindes, ist nicht gerade leicht auszuhalten, ganz besonders wenn er einen persönlich trifft, und der erste Impuls ist groß, dem ganzen einfach ein Ende zu setzen, in dem man das z.B. wütende Kind in sein Zimmer verbannt bis es wieder „normal“ ist. Doch was vermitteln wir damit unserem Kind, dass es selbst nicht okay ist? Dass bestimmte Gefühle nicht okay sind? Lassen wir es in seiner Not alleine? Lernt es so, seine Gefühle selbst zu regulieren oder eher sie zu verdrängen?
Als Idee, durch sogenannte Co-Regulation können Sie Ihr Kind im Umgang mit den eigenen Gefühlen unterstützen, Selbstregulation zu lernen.
Co-Regulation bedeutet, das überbordende Gefühl zu benennen und zusammen mit dem Kind auszuhalten. Genauer: Ihr Kind ist z.B. aufgebracht und wütend und es „schlägt“ vielleicht verbal um sich, dann könnten Sie durch Verständnis vielleicht erst einmal eine Verbindung bauen und sich Gehör verschaffen und dabei auch das Gefühl benennen und mitteilen, dass es okay ist z.B. wütend zu sein, und dass Sie bereit sind, dieses Gefühl jetzt zusammen mit ihrem Kind auszuhalten bis dieses wieder weg ist und man wieder ruhig über das Thema reden kann. Beispiel: „Ich verstehe, dass du wütend bist...“ oder „Ich sehe, dass du wütend bist. Es ist okay wütend zu sein und weißt du, ich halte die Wut jetzt mit dir zusammen aus.“ Und dann einfach da bleiben ohne etwas zu erklären oder zu bewerten, einfach nur da sein bis das Gefühl verebbt.
Mehr unbewusst versteht Ihr Kind dadurch: „Hei, wenn Mama/Papa meine Wut aushalten kann, dann kann ich das auch!“ und lernt so Selbstregulation. Es begreift auch, dass Gefühle etwas ganz normales sind – auch Gefühle, die von vielen als schlecht oder ungewollt bewertet werden -, dass es sich deshalb nicht schämen, verstecken oder fürchten muss.
Was sind Gefühle denn eigentlich? Gefühle sind unser Navigationssystem, ohne sie könnten wir keine Entscheidung treffen, sie machen uns zu sozialen Wesen, sie zeigen uns ob unsere natürlichen überlebensnotwendigen Bedürfnisse und unsere individuellen Wünsche (Werte – Dinge die uns wichtig sind, nach denen wir leben) gerade erfüllt oder eben nicht erfüllt sind, sie machen uns handlungsfähig und sorgen dafür, dass wir sicher und gut durch unser Leben kommen, und kein Gefühl ist besser oder schlechter, alle Gefühle sind wichtig! Erst durch unsere Bewertung werden Gefühle gut oder schlecht.
Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, Gefühle willkommen zu heißen und sie als das zu sehen, was sie sind und sie selbst regulieren zu können. Das fördert letztendlich auch Selbstwirksamkeit, Selbstwert, Selbstvertrauen und soziale Kompetenz Ihres Kindes.
(**Kennen Sie das, wenn man so richtig wütend wird, dass mit einem die Pferde durchgehen und man dann 2 Stunden später bereut, was man im Brass so alles gesagt hat? – Doch in dem Moment wo einen das Gefühl übermannt, da ist nichts mehr mit klar denken und rational handeln, da herrscht Ausnahmezustand. Das Hirn schaltet auf Überlebensprogramm und legt dabei vorübergehend die Verbindung zum Cortex lahm, dem internen „Nachschlagewerk“, d.h. es ist nicht mehr möglich eine rationale Lösung zu finden, man befindet sich wortwörtlich in „Not“.)
Weitere Unterstützung
Falls Sie Fragen oder Interesse an einem Coaching für Sich oder Ihr Kind haben und ein unverbindliches Vorgespräch vereinbaren möchten oder einen meiner Impuls-Vorträge zum Thema "Potenziale entfalen bei Kindern und Jugendlichen", eine meiner Informationsveranstaltungen zum "Kinder & Jugend Coaching" für Ihre Schule buchen möchten, rufen Sie mich bitte an. Der direkte Draht zu mir: Tel. 0173 343 16 29 oder schriftlich per Mail. Ich freue mich auf Sie und Ihr Kind.
KInder & Jugend Coaching
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